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Werkeinführung

Thomas Buchholz: MISSA SOLARIS

Die Missa solaris weicht von der traditionellen Form der Messe ab. Aus dem Ordinarjum Missae übernimmt der Komponist den Anfang, die Anrufung Gottes mit der Bitte um Erbarmen (Kyrie eleison — Christe eleison — Kyrie eleison) sowie den Schluß Dona nobis pacem (Gib uns Frieden).
In den dadurch gegebenen Rahmen stellt er andere Texte:
- das Gebet ,,Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens", häufig Franziskus von Assisi zugeschrieben
- Verse aus dem Sonnengesang des Franziskus von Assisi, in denen Gott als Schöpfer der ,,Schwester Sonne", der Spenderin des freundlichen Lichtes am    Tage,   gepriesen wird (italienisch)
- das Versfragment "Wache auf,  Herr, warum schläfst du?" aus dem 44. Psalm (lateinisch)
Der Komponist schränkt dadurch die Universalität der traditionellen Messe auf die moralisch-ethischen Konsequenzen und die sich daraus ergebenden Lebensmaximen ein. Dies geschieht in bewußter Distanzierung zu jahrhundertelanger kirchlicher Praxis. Das in der Komposition enthaltene Lob Gottes wendet sich an den Schöpfer der Sonne, die gleichermaßen über Gerechte und Ungerechte scheint. Geistiges Zentrum des Werkes, dessen verschiedene Teile fließend ineinander übergehen, ist die Bitte um Frieden. Mit ihr schließt auch die Komposition, in der musikalischen Realisierung die Zerrissenheit der uns umgebenden Realität widerspiegelnd.
Die Missa solaris ist mit ausgesprochen sensiblem Gespür für die Spezifik des a-cappella-Gesangs geschrieben. Ihre Strukturen sind nicht einfach, erschließen sich aber dem Verständnis. Die Solisten, die ausschließlich die Friedensbitte artikulieren, fügen sich organisch ein, indem sie den Chorsatz ergänzen und durch expressive Stimmführung emotional überhöhen. Für einen guten Chor ist die Missa solaris eine anspruchsvolle und lohnende Aufgabe.
            Christfried Brödel
            Dresden, 1998

UA am 16.05.1993 in der Moritzkirche Halle (S.)
Meißner Kantorei 1961, Leitung: Christfried Brödel

1. Kyrie eleison Christe eleison Kyrie eleison
    Herr, erbarme dich. Christus, erbarme dich. Herr erbarme dich.
2. Fac me, Domme pacis instrumentum ut diligam, ubi odium indulgeam, ubi est culpa ut coniungam, ubi discordia verum fatear, ubi est error
    ut fidem praedicem, ubi tenebrae.
    Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens daß ich Liebe übe, wo Haß ist, daß ich verzeihe, wo Schuld ist, daß ich vereine,
    wo Zwietracht herrscht, daß ich Wahrheit bringe, wo Irrtum ist, daß ich Glauben bringe, wo Finsternis ist.
3. Laudato in misignore cum tucte le tue creatore Spetialmente messor lo frate sole. Io qual e iomo ed allumini noi per loi.
    Gelobt seist Du, Herr, mit allen Wesen, die Du erschaffen. Der edlen Herrin vor allen, Schwester Sonne, die uns den Tag macht und
    freundlich Licht uns durch Ihn spendet.
4. Exurge Domine, quare obdormis
    Wach auf Herr, warum schläfst Du
5. Dona nobis pacem.
    Gib uns Frieden.

Besetzung: Sopran Solo (f‘-as") Bariton Solo (c-g'/Falsett: c"-des")
Chor a cappella (Sopran 1+2; Alt 1+2; Baß an wenigen Stellen geteilt)
Tenöre sind nicht zwingend erforderlich. Ein möglicher Einsatz von Tenorstimmen be-steht in der Kopplung mit Alt 2 oder hohen Baßpassagen (keine Oktavierungen).





© 2006 Thomas Buchholz - Komponist

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